Bericht an die Gesellschaft

Finanzbildung - Naspa 2019 - Bericht an die Gesellschaft

Finanzbildung

Kontinuität als Erfolgsrezept

Mit einer nachhaltigen und innovativen Geschäftsidee hat ein Team der Internatsschule Schloss Hansenberg, im vergangenen Jahr den Deutschen Gründerpreis für Schüler gewonnen. Nicht der erste Erfolg: Das Oberstufengymnasium in Geisenheim im Rheingau ist seit vielen Jahren vorne mit dabei. Wirtschaftslehrer Paul Rauh erklärt, warum die Schülerinnen und Schüler so gut sind – und was die Naspa mit Ihren Coaches dazu beiträgt.

Fußballfans erinnern sich vielleicht noch an ein berühmtes Zitat des ehemaligen englischen Nationalspielers Gary Lineker. Fußball, sagte der einmal, sei im Grunde „ein ganz einfaches Spiel: 22 Spieler jagen für 90 Minuten nach dem Ball, und am Ende gewinnen die Deutschen“. Für den Deutschen Gründerpreis ließe sich Ähnliches behaupten. Viele hochmotivierte Schülerteams in Deutschland präsentieren beim Deutschen Gründerpreis interessante Gründungsideen. Und am Ende gehört die Internatsschule Hansenberg regelmäßig zu den TopTen- Preisträgern.

In der Tat hat die Internatsschule für besonders leistungsmotivierte Schülerinnen und Schüler eine beeindruckende Referenzliste vorzuweisen. Seit fünfzehn Jahren gehören Teams der Schule kontinuierlich zum Teilnehmerfeld des Wettbewerbes. Und nahezu jedes Mal landen die Hansenberger dabei auf einem der Spitzenplätze. So auch im vergangenen Jahr, als das Team mit dem Namen „LUVAQ“ sogar den ersten Platz beim Deutschen Gründerpreis im Finale in Hamburg erreichte.

Sauberes Wasser im Handumdrehen

Vorgestellt hatten die fünf Schülerinnen und Schüler der Klasse 11 eine Produktidee, die auf ganz einfache, aber umso effizientere Weise ein besonders drängendes globales Problem lösen könnte, nämlich den wachsenden Bedarf an sauberem Trinkwasser. Das Team entwickelte einen 20-Liter Wasserbehälter, an dem sich mittels einer Handkurbel eine UV-Lampe zum Leuchten bringen ließ. Die UV-Lampe tötet die im Wasser befindlichen Keime und erzeugt so – buchstäblich im Handumdrehen – sauberes Trinkwasser. Hergestellt wird der „CleanCan“ genannte Behälter übrigens aus recyceltem Plastikmüll, wie er sich tonnenweise in den Weltmeeren findet – ein zusätzlicher Beitrag zu einem ausgesprochen umweltschonenden und nachhaltigkeitsorientierten Konzept. Das fand auch die Jury des Gründerpreises und lobte die „genial einfache, aber wirkungs- und segensreiche Idee, die weltweit nach Umsetzung schreit.“

Dass die Hansenberger oft und regelmäßig auf vorderen Rängen landen – nicht nur beim Gründerpreis sondern auch bei anderen Business-Wettbewerben für Schülerinnen und Schüler – lässt sich auf eine ganze Reihe von Faktoren zurückführen. Wirtschaft und Politik bilden neben Mathematik und Naturwissenschaften einen Schwerpunkt im schulischen Programm. Das Internat kann außerdem mit berechtigtem Stolz auf ein engmaschiges Netzwerk von Partnern aus Wirtschaft, Politik, Hochschule und vor allem Alumni vorweisen, die ihrer ehemaligen Schule weiterhin verbunden bleiben. Viele dieser Partner sind gerne bereit, den Hansenberg-Teams als Coaches zur Verfügung zu stehen.

Wettbewerb als Lernmotivation

All das würde aber vermutlich kaum den Ausschlag geben, wenn nicht ein kleines Team in den vergangenen Jahren mit großem Engagement die hervorragenden strukturellen Voraussetzungen zusammengeführt und organisiert hätte. Paul Rauh z.B., seit Gründung der innovativen Schule 2003 als Lehrer für Politik, Wirtschaft, Ethik und Philosophie am Hansenberg, erkannte früh, dass sich Gründungswettbewerbe hervorragend eignen, um Schülerinnen und Schülern wirtschaftliche Themen auf spannende, unterhaltsame und wirkungsvolle Weise zu vermitteln.

„Bevor ich an die Schule wechselte, habe ich selbst zehn Jahre in der Wirtschaft gearbeitet“, erzählt er. „Mir fiel auf, dass in den schulischen Lehrplänen vor allem volkswirtschaftliche Inhalte zum Tragen kamen, wichtige betriebswirtschaftliche Aspekte aber außen vor blieben. Das trifft zum Beispiel auf steuerliche Themen, Finanzierungs- und Rechtsfragen, Teamarbeit, Soft Skills und ähnliches zu. Diese Aspekte kann man im Zuge eines Wettbewerbs gut vermitteln, da sind die Schülerinnen und Schüler hoch motiviert.“

Das BIRTH-Wettbewerbskonzept

Rauhs Verdienst gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen war es nun, die Wettbewerbsteilnahmen zu systematisieren und mit einem Konzept zu hinterlegen. Dadurch entstand eine sich ständig optimierende Kontinuität, die es ermöglichte, über regelmäßige Teilnahmen hinweg Lerninhalte und -erfahrungen mit den Lehrplänen zu verknüpfen und stufenweise aufzubauen: „Wir beginnen in der zehnten Klasse mit einer Wirtschaftswoche: Da behandeln wir grundlegende Themen über Systemplanspiele, die sich mit der Wirtschaft und Politik eines Landes und von Unternehmen befassen. Wir laden externe Trainer ein und  besuchen Unternehmen. Außerdem können Schülerinnen und Schüler an ausgewählten Wettbewerben teilnehmen, die für die Einführungsstufe passen, wie etwa das ‚Planspiel Börse‘ oder „JUNIOR“ oder Jugend gründet‘. In der 11. Klasse stehen dann die schwierigeren Wettbewerbe auf dem Programm, wie zum Beispiel der „Deutsche Gründerpreis für Schüler“ oder „business@school“. Und in der 12. Klasse bieten wir zusätzlich die Teilnahme an „Generation €uro“ an, einem sehr anspruchsvollen Wettbewerb zur Geldpolitik der Europäischen Zentralbank.“

Das eben erläuterte BIRTH-Konzept der Schule (Business Innovation Responsibility Technology @ Hansenberg) wurde mehrfach ausgezeichnet, z.B. 2015 mit dem Award der OECD „The Entrepreneurial School (TES)“, oder 2017 in Tallinn mit dem „European Enterprise Promotion Award (EEPA)“, oder 2019 mit dem hessischen Preis des „Arbeitskreises Schule-Wirtschaft“ für herausragende Kooperationen „Schule-Unternehmen-Hochschule“.

„Man muss eine Art Tradition entstehen lassen“

Die Kontinuität wirkt sich natürlich auch auf die Teilnahmen selbst aus: Erfahrungswerte wurden gesammelt, Strukturen und Netzwerke zu Alumni, Unternehmen und Hochschulen aufgebaut, von denen jedes einzelne Team profitieren kann. Lehrer Paul Rauh nennt das weitgehendes „peer-to peer-teaching“. „Ich würde jeder Kollegin und jedem Kollegen raten, mit der Teilnahme an einem Wettbewerb zu beginnen und das dann zu verstetigen“, sagt Rauh. „Es ist wichtig, dass man eine Art Tradition entstehen lässt. Das trägt auch zur Motivation bei: Schon die Siebtklässler bekommen mit, wenn die älteren Schüler Erfolge erzielen. Da möchten sie später dann auch selbst mitmachen.“

Teambuilding als Erfolgsfaktor

Nun könnte man denken, dass ein Wettbewerb ganz besonders das Konkurrenzdenken beflügelt. Genau das Gegenteil ist der Fall, sagt Rauh: „Teambuilding ist ein ganz wesentlicher Erfolgsfaktor. Die Jugendlichen begreifen schnell, dass man nur dann erfolgreich sein kann, wenn man zusammenarbeitet. Und es ist immer wieder beeindruckend, zu sehen, wie sie eigenständig Kompetenzen erkennen, Rollen und Aufgaben verteilen und sich gegenseitig motivieren.“

Das beeindruckt auch die Coaches, die mit den Teams zusammenarbeiten. Wie zum Beispiel Claudia Preußer, Leiterin des Naspa Finanz-Centers in Geisenheim: „Wir veranstalten in unserem Haus immer einen Präsentationsnachmittag für die Teams: Da können sie ihre Ideen vorstellen und einüben, wie man richtig präsentiert“, erzählt sie. „Ich schaue da immer sehr genau hin, denn in meinen Augen ist das ein wichtiges Thema: Ein gutes Auftreten macht 70 Prozent des Erfolgs aus. Und ich bin immer überrascht, wie gut und professionell die Teams vom Hansenberg vorbereitet sind und wie schnell die jungen Leute nach anfänglicher Nervosität in eine Professionalität hineingleiten, die man ihnen gar nicht zugetraut hätte.“

Gewachsene Strukturen

Nach Preußers Auffassung sind mehrere Gründe dafür verantwortlich, dass die Hansenberger Teams so gut funktionieren: „Durch das Internatsleben sind die Schülerinnen und Schüler gut miteinander vertraut, ich nehme sie wirklich als Team wahr. Sie machen da nicht mit, weil sie müssen, sondern weil sie selbst wollen. Dazu kommt die sehr fundierte Schulbildung und die ausgezeichnete Vernetzungsstrategie. Und nicht zuletzt natürlich das systematische BIRTH-Konzept und die Persönlichkeit von Herrn Rauh, der mit den Schülerinnen und Schülern sehr engagiert, aber auch sehr konsequent und strukturiert arbeitet.“

Rauhs Einsatz und den seiner KollegInnen findet Claudia Preußer auch deshalb so vorbildlich, weil er nach ihrer Erfahrung eine Seltenheit ist: „Bei vielen Lehrerinnen und Lehrern ist das Interesse für diese Art von Wettbewerben eher gering“, sagt sie. „Im vergangenen Jahr gab es an einer benachbarten Schule ein Team, das sehr engagiert war, aber keine Unterstützung bekam. Am Ende hat Herr Rauh auch diese Mannschaft unter seine Fittiche genommen.“ Für Preußer ist es darum auch eine Selbstverständlichkeit, die Schule bei den Wettbewerbsvorbereitungen zu unterstützen: „Solche Projekte zu unterstützen, gehört für mich zu unserem ureigenen Job vor Ort“, sagt sie. „Diese Strukturen sind ja auch ganz historisch gewachsen. Und ich wirke gerne daran mit, so etwas weiter voranzutreiben. Denn der gute Name der Naspa wird damit ja auch bundesweit verbunden.“

Lehrer Paul Rauh und Naspa Mitarbeiterin Claudia Preußer

Förderung von Finanzbildung